Seit unserem letzten Gespräch hat sich die Arbeitsplatzsituation in Hannahs Büro für die neue Mitarbeiterin gut geklärt. Das Team der anderen Abteilungsleiterin (Kerstin) hatte gerne am Prozess mitgewirkt, und gemeinsam wurde eine Lösung gefunden, die zumindest keine großen Widerstände auslöst, auch wenn nicht alle jeden Tag vollauf zufrieden sind. Und auch Hannahs Sorge, der neuen Mitarbeiterin gerecht zu werden in Bezug auf wo braucht es konkretere und wo braucht es weniger konkrete Hinweise und Einarbeitung, hat sich mittlerweile nahezu aufgelöst.
Nun stellt sich – kurz vor Arbeitsantritt der neuen Kollegin – die Frage: Wie gestaltet man so ein Onboarding? Was ist wichtig, wenn jemand neu in ein Team kommt, und vor allem, wenn diese Stelle ganz neu geschaffen wurde, und vielleicht noch gar nicht alle Aspekte klar oder überhaupt absehbar sind? Und zwar über das Thema der Konkretisierung vs. „Was ist dann schon Micro-Management“ hinaus…
Hannah macht sich sehr viele Gedanken, fast schon ein bisschen zu viel Druck (nach eigenem Empfinden) über den Start ihrer zukünftigen Mitarbeiterin, und wie es ihr gelingen wird, gleich zu Beginn eine gute Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich die neue Kollegin wohlfühlt, gut und produktiv arbeiten kann, und zügig eigene Verantwortungsbereich übernehmen kann, um dann auch die Entlastung zu schaffen, für die diese neue Stelle überhaupt eingerichtet wurde. Der Druck wird dadurch angefacht, dass Hannah schon vor Augen hat, was in wenigen Wochen oder Monaten auch von ihr erwartet wird, denn nicht nur sie freut sich auf die Unterstützung, auch ihr Chef ist bereits voller Vorfreude auf all die Tätigkeiten, die Hannah dann zukünftig neu übernehmen wird, da nun doch eine neue Stelle eigens dafür geschaffen wurde 🙂
Hannah hat bereits alle Strukturen aufgestellt für die Idee des „90-Tage-Plans“, und wie sie starten kann, die Kollegin inhaltlich einzubinden. Doch beim Onboarding geht es nicht nur um inhaltliche Aspekte, sondern auch um Organisatorisches.
Was muss ich organisieren, um einen guten Start zu ermöglichen? Eine Checkliste
- Was braucht es technisch, damit die neue Kolleg:in gleich vom ersten Arbeitstag an loslegen kann? Welche Werkzeuge / Hilfsmittel müssen vorab besorgt / beschafft werden, und wie ist der interne Prozess dafür?
- Gibt es einen internen Prozess für Onboarding, der z.B. seitens der Personalabteilung angesteuert wird? Falls ja, welche Aufgaben und Aufteilungen sind darin bereits geregelt, und welche liegen in meinem Verantwortungsbereich?
- Müssen vorab Zugänge beschafft werden, also rein physisch Zutrittskarten oder Schlüssel, oder technisch eine Log-in Möglichkeit für den Firmencomputer /-laptop, eine eMail-Adresse, etc? Wie lange dauert die Bereitstellung, und wann muss ich das anstoßen, bzw. wer ist dafür verantwortlich?
- Sind alle Möbel vorhanden, die benötigt werden? Ggf. ein Schreibtisch mit Schreibtischsessel (ja, neulich haben wir über den Platz gesprochen, der ggf. für einen komplett neuen Arbeitsplatz benötigt wird), wird ein Regal benötigt, etwas für persönliche Gegenstände (Handtasche?), braucht es eine Ablage für physische Dokumente (Unterlagen) und soll etwas davon verschließbar sein?
- Müssen Kolleg:innen informiert werden, andere Abteilungen, dass und wann eine neue Kolleg:in an Board kommt? Gibt es vielleicht sogar ein Announcement firmenintern, und was ist der Prozess dafür? Wer schickt Announcements raus, gibt es Vorlagen, wie sie auszusehen haben, Verteilerlisten? Oder wird das fallspezifisch-individuell geregelt, oder vielleicht gar nicht?
- Möchte ich für die neue Kolleg:in etwas bereitlegen, um sie willkommen zu heißen? Was ist üblich im Unternehmen oder der Organisation, und für die Rolle? Starten wir vielleicht sogar gemeinsam im Team mit einem Arbeitsfrühstück, oder liegen einfach unsere Marketingmaterialien aus, damit sich die neue Kolleg:in gleich damit vertraut machen kann, wenn das nicht Teil des Vorstellungsgesprächs war?
- Bin ich da? Also physisch anwesend, um die neue Mitarbeiter:in persönlich willkommen zu heißen? Oder muss ich eine Vertretung organisieren, und ist das der Eindruck, den ich hinterlassen möchte für den Start in die gemeinsame Arbeit?
- Was ist schon klar geregelt im Team / in der Abteilung, und wie kann ich die neue Kolleg:in darüber informieren? Also z.B. wie wird die Kaffee-/Teeküche gehandhabt? Was wird zur Verfügung gestellt, was bringt jede:r mit? Was ist die Etikette bzgl. Abspülen, Sachen abstellen, Verbrauchsmaterialien nachorganisieren, etc.? Was davon muss die neue Mitarbeiter:in einfach nur wissen, wo hat sie selbst Rechte und Pflichten?
- Habe ich ausreichend Zeit eingeplant am ersten Tag, um die neue Mitarbeiter:in zu unterstützen, wenn es Fragen oder Probleme beim Ankommen gibt, zum Beispiel beim Einrichten der Geräte (Laptop, Handy,…), oder wer übernimmt diese Aufgabe im Team?
- Gibt es ein Buddy-Konzept, also jemanden, der als direkte:r Ansprechparter:in immer gleich zur Verfügung steht, und wie gehen wir mit Fragen um? Sollen sie gebündelt werden, oder immer direkt gestellt werden?
Und natürlich gibt es noch unzählige weitere Aspekte, die vielleicht wichtig oder nützlich wären. Und unter Umständen ist Einiges aus dieser Checklist für Dich gar nicht relevant.
Vielleicht ist die Anregung, so etwas zu teilen, ganz einfach: Überlege Dir zeitgerecht, was es braucht, um jemand am ersten Arbeitstag gut vorbereitet in Empfang zu nehmen. Oder, wenn es in Deiner Organisation viel wichtiger ist, gut improvisieren zu können, dann überlege Dir, wie Du den ersten Arbeitstag so gestalten kannst, dass diese Qualität gut zum Vorschein kommt.
Meine Empfehlung als Coach ist:
Gestalte den Tag so, wie Du Dir wünschst, dass Dein:e neue:r Mitarbeiter:in selbst startet – und gemäß den Werten und Aspekten, die in Deiner Organisation wichtig sind. Das ist manchmal ein kleines bisschen komplizierter, als wir zunächst denken, weil es bedeutet, dass wir uns immer mal wieder damit auseinandersetzen müssen, wie wir eigentlich arbeiten wollen, und basierend auf welchen Werten wir Zusammenarbeit im Team gestalten.
Baue Deine eigene Checkliste (auf die Du immer wieder zurückkommen kannst, die Du anpassen oder einfach abarbeiten kannst), und setze Dich aktiv damit auseinander, worum es beim Einstieg eine:r neuen Kolleg:in eben auch geht – das „Priming“ für jegliche weitere Zusammenarbeit.